Wurde als Kreisvorsitzender einstimmig bestätigt: Felix Holland
Stadtrat Felix Holland wurde als Kreisvorsitzender der SPD einstimmig wiedergewählt. Harsche Kritik wurde an der Idee einer Unterschriftenaktion gegen Flüchtlinge laut.
Der Kreisvorsitzende Felix Holland sieht den 319 Mitglieder zählenden SPD-Kreisverband gestärkt . Dass die SPD nach der erfolgreichen Kommunalwahl in Wolfgang Metzner den Dritten Bürgermeister stelle, sich bei der Landtags- und Bezirkstagswahl verbessert habe und in Andreas Schwarz aus Strullendorf endlich wieder einen SPD-Bundestagsabgeordneten zur Seite habe, wertete Holland als ermutigende Zeichen. Weiterhin gelte es, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.
Dafür leiste der Kreisverband ein beachtliches Pensum. Es reicht von der Durchführung von Diskussionsveranstaltungen etwa zu TTIP/CETA oder der Hebammenproblematik über die Gründung eines Kommunalpolitischen Arbeitskreises bis zur Beteiligung an Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und Neonazis. Für den Umgang mit der Flüchtlingsproblematik wünscht sich Holland „eine Partei, die sich nicht naiv, sondern konstruktiv mit der Situation auseinandersetzt und sich dabei von den Grundsätzen der Humanität leiten lässt“.
Der Kreiskassier Gerald Fenn wies in seinem Rechenschaftsbericht nach, dass aufgrund der Wahlkampfkosten etliche Konten auf Null geschrumpft sind. Gleichwohl habe der SPD-Kreisverband eine angebotene 10.000-Euro-Spende der Firma Brose ausgeschlagen, erinnerte Fenn. Die Delegierten quittierten es mit Beifall. Zum stellvertretenden Vorsitzenden des Kreisverbandes wurden Ernst Trebin (30 Stimmen), Miriam Müller (25), Inge Eichhorn und Claas Meyer (je 23 Stimmen) gewählt. Schriftführer wird Simon Frohriep und die Kasse wird weiter von Gerald Fenn gehütet. Zu Beisitzern wurden Cornelia Daig-Kastura, Carina Engel, Karin Gottschall, Angelika Schmidt, Dr. Cecilia von Studnitz, Heinz Kuntke, Christian Lang, Dieter Stößel und Peter Süß gewählt.
Die Landtagsabgeordnete Inge Aures würdigte zusammen mit örtlichen Funktionären treueste SPD-Mitglieder: Für 60-jährige Zugehörigkeit wurden Christel Luscher und Hans Geck geehrt. 50 Jahre sind Johann Daum, Professor Dr. Herbert Selg, Theo Blank und Annrie den With bei der Partei. Dafür gab es Urkunden und goldene Abzeichen.
Detaillierter Bericht der Konferenz in Folge:
Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Stadtrat, Klaus Stieringer, hatte am Samstagvormittag als Schirmherr der Ehrenamts-Menschenkette andernorts zu walten. Vermisst wurde er bei der gleichzeitigen Kreiskonferenz der Bamberger SPD. Vor allem die Jungsozialisten hätten dem Fraktionssprecher wohl gerne den Pelz gewaschen. Denn Stieringers Presseverlautbarung, die Sozialdemokraten beabsichtigten, gegen die mögliche Zuweisung weiterer 5.000 Flüchtlinge mit einer Unterschriftensammlung vorzugehen, fiel bei der SPD-Basis gnadenlos durch.
Unverzüglich distanzierte sich der Vorsitzende des Kreisverbands Bamberg, Stadtrat Felix Holland (der FT berichtete). In der Vorstandswahl des SPD-Kreisverbands durfte er sich vollends bestätigt fühlen: Bei einer Enthaltung erhielt Holland von allen 32 anwesenden Delegierten erneut das Vertrauen.
Die anberaumte Kreiskonferenz wurde von der aktuellen Flüchtlingsproblematik und deren Auswirkung auf Bamberg überlagert. Aktuelle Brisanz steuerte der SPD-Fraktionschef bei. Eine von ihm zu verantwortende Pressemitteilung unter dem Titel „Belastungsgrenze erreicht - SPD sagt Nein zu 5.000 zusätzlichen Flüchtlingen“ enthielt unter anderem die Ankündigung, der Kreisvorsitzende Felix Holland bereite eine Unterschriftenaktion der SPD vor, damit die Bürgerschaft sich beteiligen könne, wenn es darum gehe, „die Interessen der Stadt Bamberg deutlich zu vertreten“.
Politisch daneben gegangen
Die Aktion - auch per Facebook lanciert - ging politisch voll daneben. Wie in der Kreiskonferenz berichtet wurde, griffen Rechtspopulisten die Erklärung Stieringers begierlich auf und es dauerte nicht lange, bis besorgte Sozialdemokraten aus ganz Bayern sich erkundigten, ob die Bamberger SPD ein "Rechtsproblem" habe.
„Ein ganz furchtbares Zeichen, ein Spiel mit dem Feuer“ kommentierte der altgediente Funktionär Ernst Trebin. Stellvertretender Kreisvorsitzender Claas Meyer erklärte, er sei noch nie so nahe daran gewesen, sein Parteibuch abzugeben wie nach dem Bekanntwerden besagter Presseerklärung. Meyer: „Ein PR-Desaster unvorstellbaren Ausmaßes!“ Stieringer habe die Sprache der CSU benutzt und das dürfe niemals Sache der SPD sein.
Die Bamberger SPD-Kreisversammlung sagte folglich auch nicht „Nein zu weiteren 5000 Flüchtlingen“. Der Juso Falko Tesch oder auch Ortsvereinsvorsitzender Ernst Trebin wiesen jedoch darauf hin, dass Bamberg einst annähernd 13.000 US-Soldaten beherbergte. Bevor Flüchtlinge den Winter in Zelten verbringen müssen, werde die Bundesrepublik nicht umhinkommen, freie Kapazitäten zu nutzen, zeigten sie sich realistisch.
Worauf die Bamberger SPD allerdings besteht, ist die gerechte Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der Europäischen Union und wiederum innerhalb Deutschlands. Abschiebelager ohne Integration Wenn auch andere Städte und Regionen mehr Flüchtlinge aufnähmen, dann könne man auch auf Bamberg zählen, hieß es. Vom Bund werde die entsprechende finanzielle Ausstattung der Kommunen erwartet, zumal die anstehenden Aufgaben in der Betreuung und Integration der Flüchtlinge nicht unbegrenzt in hohem Maße ehrenamtlich gestemmt werden könnten.
Johanna Lerke von den Jusos kritisierte, dass es sich bei dem letzte Woche eröffneten Rückführungszentrum für Asylbewerber aus dem Westbalkan um ein „Abschiebelager“ handle. Integration finde dort nicht statt, monierte Lerke.
Als betroffenes Ortsvorstandsmitglied riet Heinz Kuntke dringend, die Sorgen der angestammten Bevölkerung ernst zu nehmen und sich sogar innerhalb der Stadt um eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge zu bemühen. In einer einmütig verabschiedeten, vierseitigen Resolution „Asylpolitik aktiv gestalten“ fordert der SPD-Kreisverband unter anderem die dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern auch in Wohnungen, die Ausgabe von Willkommenspaketen, einen Gasthörerstatus für die Uni Bamberg, den Schutz der Aufnahmeeinrichtung gegen Übergriffe unter Beteiligung der Stadt Bamberg und die Förderung von ehrenamtlichen Helfern. An Bund und Land richten sich die Forderungen nach Einzelfallprüfungen, Lockerung des Arbeitsverbots für Asylsuchende, die Gleichwertigkeitsprüfung für im Ausland erworbene Abschlüsse und Qualifikationen, flächendeckende Sprachkurse und Betreuung traumatisierter Asylbewerber sowie die Einführung einer Krankenversicherungskarte für Asylbewerber.
OB Andreas Starke, der nach seinem Termin bei den Ehrenamtlichen auf dem Maxplatz auch noch Zeit für seinen SPD-Kreisverband fand, wiederholte, dass Bambergs Leistungsfähigkeit mit den zu erwartenden 2250 Asylbewerbern und Flüchtlingen erreicht sein dürfte. Zur Koordinierung der ehrenamtlichen Hilfe sei inzwischen im Rathaus eine Sachbearbeiterin abgestellt worden. Auch eine Hotline für besorgte Bürger wurde eingerichtet.
Am Beispiel von 35 Lehrern, die in den Sommerferien den unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen Deutschunterricht erteilten, machte der OB deutlich, dass die Bevölkerung auch zu spontaner Hilfe bereit sei. Und auch für den gescholtenen Klaus Stieringer brach Starke eine Lanze: Stieringer engagiere sich sogar persönlich für Flüchtlinge, plauderte der OB aus dem Nähkästchen. Für das erfolgreiche Zusammenwirken von Behörden, Institutionen und ehrenamtlichen Helfern zum Wohl der Asylbewerber zeigte sich der Oberbürgermeister sehr dankbar - und stolz, zum Beispiel auf das Prädikat „Vorbild Bamberg“ von der Süddeutschen Zeitung.
Starke: 10 Prozent sind zu viel
Im Übrigen vertraut das Stadtoberhaupt auf die Zusicherung des Freistaats Bayern, Bamberg mit der Unterbringung von Flüchtlingen nicht zu überfordern. Kämen noch 5.000 hinzu, stiege der Anteil der Asylsuchenden auf gut zehn Prozent der Wohnbevölkerung. „Das“, so Starke, „können wir nicht verkraften“. Ausschließen wollte er allerdings nicht, dass eine Entwicklung eintritt, die von Bamberg mehr als bisher abverlangt. Die SPD müsse um den Erhalt des sozialen Friedens in der Stadt bemüht sein und dürfe keinesfalls Aktivitäten entfalten, die der Nährboden für Rechtspopulisten sein können, forderte Starke. Seine Genossen bat er um weitere Unterstützung und Hilfe.
Was sagt Stieringer?
SPD-Fraktionsvorsitzender Klaus Stieringer, den wir am Sonntag um eine Stellungnahme gebeten haben, wies die Vorwürfe im Zusammenhang mit der Unterschriftenaktion zurück. Man können ihn nicht für eine Aktion verantwortlich machen, für die der Kreisvorsitzende Felix Holland selbst das Okay gegeben habe. Die Unterschriftenaktion gehe nicht auf ihn zurück, sondern sei vom Oberbürgermeister dem Kreisvorsitzenden vorgeschlagen worden. Dieser habe in einer ersten Stellungnahme sein Einverständnis erklärt und es kurze Zeit später widerrufen.
Wie Stieringer sagte, sei er selbst froh, dass es nicht zu der Unterschriftenaktion komme. Nach wie vor steht der Fraktionschef aber zur Resolution und zu den Appellen der Stadt an Bundeskanzlerin Merkel und den Bundesinnenminister, wie Stieringer sagt, eine Art „Hilfeschrei“ . Jemand müsse den Mut haben, zu sagen, dass die Menschen nicht überstrapaziert werden dürften. „Es kann nicht sein, dass Bamberg als einzige Stadt in Deutschland sich um eine Zahl von Flüchtlingen kümmert, die zehn Prozent der Bevölkerung entspricht“, sagte Stieringer. Schon heute sei das Ehrenamt , aber auch die professionelle Betreuung der Flüchtlinge am Ende der Kräfte.
(Beide Artikel von Werner Baier, erschienen im Fränkischen Tag vom 21.9.2015, S. 13)